Unser Partner Dr. Karl-Heinz Schnieder im Interview mit BFS
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Karl-Heinz Schnieder stand vor Kurzem Frau Jessica Hanneken von der BFS Rede und Antwort. Themen waren unter anderem das Management der Corona-Krise in der Zahnarztpraxis, Mut zur Praxisgründung gerade jetzt, die Wichtigkeit digitaler Netzwerke und Fragen zur Teilzulassung.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat nunmehr – wie angekündigt – zum Schutz der Versorgungsstrukturen im Bereich der zahnärztlichen Versorgung eine Verordnung erlassen, die sog.„SARS-CoV-2-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung“. Für Krankenhäuser und Vertragsärzte, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie im Bereich der Pflege wurden mit dem COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz vom 27. März 2020 bereits Vorkehrungen zum Ausgleich von Einnahmeausfällen beschlossen.
Der Ausganspunkt:
Zur Sicherung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Praxen in den Bereichen der vertragszahnärztlichen Versorgung werden die Zahlungen, die die Krankenkassen zur Versorgung ihrer Versicherten leisten, in angemessener Höhe fortgeführt. Dazu erfolgt eine prozentuale Anknüpfung an die von den Krankenkassen im Jahr 2019 gezahlten Vergütungen, abzüglich einer mit Blick auf die (unterstellt) verminderte Leitungsmenge pauschalen Absenkung von 10 %.
Im vertragszahnärztlichen Bereich gilt für die von den Krankenkassen an die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu entrichtenden Gesamtvergütungen überwiegend das Prinzip der Einzelleistungsvergütung. In der Folge führt ein deutlicher Rückgang der von den Versicherten in Anspruch genommenen Leistungsmenge dazu, dass sich die Gesamtvergütung in entsprechendem Umfang reduziert. Vergleichbares gilt für Gesamtvergütungen, die auf Grundlage von Fallpauschalen oder von Pauschalen für behandelte Patientinnen und Patienten abgerechnet werden.
Das Ziel:
Um die infolge der SARS-CoV-2-Epidemie stattfindenden Umsatzrückgänge in den Zahnarztpraxen zu begrenzen und zu erwartende Liquiditätsengpässe zu überbrücken, werden
die für 2020 von den Krankenkassen an die KZV´ en zu leistenden Gesamtvergütungen auf 90 Prozent der in 2019 erfolgten Zahlungen festgeschrieben und
die in Anspruch genommene Einzelleistungen weiterhin mit den für 2020 vereinbarten Punktwerten vergütet.
Die Besonderheit:
Jede KZV hat bis zum 02.06.2020 Zeit, um gegenüber den Krankenkassen mitzuteilen, ob man dieser Regelung zustimme oder nicht. Mithin wurde ein Wahlrecht zugestanden. Entscheidend ist letztlich, ob die Zahnarztpraxen der jeweiligen Vertragsregionen gleichermaßen von Liquiditätsengpässen betroffen sind oder nicht. Bei Annahme der Regelung ist der Honorarverteilungsmaßstab anzupassen.
Jeder KZV wird also zu antizipieren haben, ob sich im Jahre 2020 gegenüber dem Niveau aus 2019 (minus 10 %) eine Überzahlung ergeben könnte, der keine vertragszahnärztlich erbrachten Leistungen gegenüberstehen. Entscheidend dürfte auch sein, welche Art von Gesamtvergütungsverträgen die jeweilige KZV abgeschlossen hat (Ausschöpfungsvertrag, Kopfpauschale, etc.).
Die Einschränkungen:
Das BMG geht davon aus, dass im vertragszahnärztlichen Bereich (nicht aber bei der Heilmittelversorgung und den Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen) die Inanspruchnahme von Leistungen vielfach nur aufgeschoben wird. Daher seien Nachholeffekte, insbesondere beim Zahnersatz, zu erwarten. Gleichzeitig gebe es aber auch Leistungen, die innerhalb eines Kalenderjahres oder Kalenderhalbjahres nur einmal in Anspruch genommen und deshalb nicht nachgeholt werden können.
Anders als im Entwurf der Rechtsverordnung vorgesehen, muss die KZV (und damit alle Zahnärzte) die Überzahlung (die Differenz zwischen 90 % der Vergütung aus 2019 und der tatsächlich erbrachten Leistungsmenge in 2020) in den Jahren 2021 und 2022 vollständig zurückzahlen.
Ergebnis für den einzelnen Zahnarzt:
Die Folgen für den Zahnarzt sind nicht absehbar. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, die den Ausgleichsmechanismus in Anspruch nehmen, müssen im Benehmen mit den Krankenkassen Anpassungen am Honorarverteilungsmaßstab vornehmen. Ziel muss dort eine transparente Verteilung der für das Jahr 2020 gezahlten Gesamtvergütung sein. Ggf. wird es für stärker von Liquiditätsengpässen betroffene Praxen Härtefallanträge geben, um diesen Gegenüber höhere Zahlungen vornehmen zu können.
Am Ende bleibt festzuhalten:
Der Rettungsschirm ist nur ein Kredit; immerhin ohne Zinsen, dafür mit Spekulationspotential für die KZV und deren Vertreterversammlung.
Derjenige Zahnarzt, der wenige Leistungen erbracht hat, wird – weder zu Lasten der Kassen und wohl auch nicht zu Lasten seiner Kollegen im KZV-Bereich – einen finanziellen Ausgleich erhalten. Lediglich Liquiditätsengpässe können überwunden werden.
Das BMG hat zwar angekündigt, bis zum 15.10. die Auswirkungen der Regelungen zu prüfen, allzu viel wird davon aber nicht zu erwarten sein.
Mit Strategie und Perspektive aus der Krise – die Weichen für die Praxis jetzt stellen
Liebe Mandantinnen und Mandanten, liebe Leserinnen und Leser,
nach wie vor ist die Ungewissheit in der Krise groß: Viele Zahnärztinnen und Zahnärzte haben allerhand Fragen zur Praxisführung und zum besten Weg aus der Krise. Hier kann unser Partner RA Dr. Schnieder helfen: Am kommenden Dienstag, den 28. April um 12:30 Uhr wird er ein Live-Interview zum Thema Praxisführung in der Krise geben. Nicht verpassen!
Die aktuelle Corona-Krise stellt nicht zuletzt die Dentalwelt vor neue Herausforderungen. Jetzt mehr denn je ist es sinnvoll, Wissen und Know-How auf kurzem Wege zu teilen und sich so gegenseitig zu unterstützen.
Wir als kwm haben uns mit verschiedenen Zahnärzten und Dienstleistern der Dentalbranche zusammengeschlossen und die Plattform 4dentists.de erstellt.
Ziel der Plattform ist es, gemeinsam mit Ihnen und so vielen anderen zahnärztlichen Kolleginnen und Kollegen und Branchenteilnehmern wie möglich Wissen zu tauschen, Lösungsansätze zu finden und die Krise möglichst stark zu bewältigen.
Auf 4dentists.de finden Sie zudem alle aktuellen Informationen aus der Dentalpresse, den Medien sowie die Veröffentlichungen der Kammern.
Die Rechtslage für (Zahn-)Arztpraxen in den einzelnen Bundesländern
Die Ereignisse
überschlagen sich im Zuge der Corona-Krise auch für Arzt- und Zahnarztpraxen.
Gab es zunächst einige KV- oder KZV-Empfehlungen, Praxen flächendeckend zu
schließen, rückt mittlerweile die Frage in den Vordergrund, ob man die eigene
Praxis überhaupt noch geöffnet halten darf und wenn ja, für welche
Behandlungen.
Eines der größten
strukturellen Probleme besteht derzeit darin, dass jedes Bundesland eigene
Maßnahmen ergreift, um der Situation Herr zu werden. Die Rechtslagen in den
einzelnen Ländern scheinen zwar auf den ersten Blick gleich zu sein, können
aber doch stark voneinander abweichen – die Schattenseite des Föderalismus
kommt in diesen Tagen zum Vorschein.
Im Folgenden haben wir
für Sie die länderspezifischen Regelungen zusammengestellt, die im Hinblick auf
den Betrieb von (Zahn-)Arztpraxen jeweils Anwendung finden (Stand
30.03.2020):
Bayern, Rechtsverordnung vom 24.03.2020:
In Bayern gilt eine
Ausgangsbeschränkung, nach der das Verlassen der eigenen Wohnung nur bei
Vorliegen triftiger Gründe erlaubt ist. Ein triftiger Grund ist danach
insbesondere „die Inanspruchnahme
medizinischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen (z.B.
Arztbesuch, medizinische Behandlungen; Blutspenden sind ausdrücklich erlaubt)
sowie der Besuch bei Angehörigen helfender Berufe, soweit dies medizinisch
dringend erforderlich ist“.
Baden-Württemberg, Rechtsverordnung in der Fassung vom 28.03.2020:
Nach einem Merkblatt des
Wirtschaftsministeriums zur baden-württembergischen Verordnung bleiben
Einrichtungen freier Berufe geöffnet. In der Verordnung werden Praxen nur
mittelbar dadurch angesprochen, dass von den Vorgaben zum Mindestabstand
Tätigkeiten ausgenommen sind, „bei denen
eine enge körperliche Nähe nicht zu vermeiden ist, insbesondere solche im Zusammenhang
mit […] der Erbringung ärztlicher, zahnärztlicher, psychotherapeutischer,
pflegerischer und sonstiger Tätigkeiten der Gesundheitsvorsorge und Pflege […]“.
Berlin, Rechtsverordnung in der Fassung vom 24.03.2020
Im Stadtgebiet von
Berlin hat man sich in der eigenen Wohnung aufzuhalten. Beim Verlassen der
Wohnung muss ein Grund vorliegen. Ein solcher kann insbesondere sein „die Inanspruchnahme medizinischer und
veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen (z.B. Arztbesuch,
medizinische Behandlungen; Blutspenden) sowie der Besuch bei Angehörigen
helfender Berufe, soweit dies medizinisch dringend erforderlich ist (z.B.
Psycho- und Physiotherapeuten).“
Brandenburg, Rechtsverordnung vom 22.03.2020
Die brandenburgische
Rechtsverordnung sieht eine Schließung von Einrichtungen vor, „die körpernahe Dienstleistungen anbieten,
bei denen ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Leistungserbringer und
Empfänger nicht eingehalten werden kann.“ Die Schließung gilt nicht für „– bei medizinisch notwendigen Behandlungen – Dienstleister
im Gesundheitsbereich und sonstige helfende Berufe, insbesondere Arztpraxen und
Krankenhäuser.“ Das Betreten öffentlicher Orte wird gleichermaßen
untersagt. Das Betreten öffentlicher Orte ist dagegen mit triftigem Grund
erlaubt. „Ein triftiger Grund besteht
insbesondere für Betretungen, die erforderlich sind zur Inanspruchnahme
medizinischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen, insbesondere
Arztbesuche und medizinische Behandlungen.“
Bremen, Allgemeinverfügung vom 23.03.2020:
„Dienstleister und Handwerker können ihrer Tätigkeit weiterhin nach den
folgenden Maßgaben nachgehen: […] Tätigkeiten, mit Ausnahme von dringend
notwendigen Gesundheitsdienstleistungen, bei denen ein Abstand zum Kunden von
1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, sind untersagt.“
Hamburg, Allgemeinverfügung vom 22.03.2020:
Abweichend von dem
grundsätzlichen Kontaktverbot sind Ansammlungen von Personen an öffentlichen
Orten zulässig „für die Wahrnehmung von
Aufgaben in Krankenhäusern, medizinischen oder pflegerischen Einrichtungen,
Einrichtungen der Eingliederungshilfe, ärztlichen Praxen, Praxen der
Physiotherapie oder der Anschlussheilbehandlung, anderen Einrichtungen des
Gesundheitswesens, Apotheken und Sanitätshäusern, Einrichtungen der Jugend- und
Familienhilfe, sozialen Hilfs- und Beratungseinrichtungen sowie
veterinärmedizinischen Einrichtungen, soweit der Besuch nicht gesondert
eingeschränkt ist.“
Hessen, Rechtsverordnung in der Fassung vom 22.03.2020:
Die hessische Verordnung
verfügt eine Einstellung oder Schließung für „Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Frisöre,
Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe;
medizinisch notwendige Behandlungen bleiben weiter möglich“.
Mecklenburg-Vorpommern, Rechtsverordnung in der Fassung vom 23.03.2020:
Auch
Mecklenburg-Vorpommern hat ein Kontaktverbot angeordnet. Als Ausnahme hiervon
gilt jedoch dort: „Der Weg zur Arbeit,
zur Notbetreuung, Einkäufe, Arztbesuche […] bleiben weiter möglich.“
Niedersachsen, Rechtsverordnung vom 27.03.2020:
Zulässig ist
insbesondere „die Inanspruchnahme
ambulanter oder stationärer medizinischer und veterinärmedizinischer
Versorgungsleistungen wie Arztbesuche oder medizinische Behandlungen sowie der
Besuch bei Angehörigen medizinischer Fachberufe, insbesondere der Bereiche
Psycho- und Physiotherapie, soweit dies medizinisch dringend erforderlich ist“.
Nordrhein-Westfalen, Rechtsverordnung vom 22.03.2020:
In NRW gibt es keine
spezifische Regelung für Arzt- oder Zahnarztbesuche. Am ehesten einschlägig
dürfte die Vorgabe sein, dass Dienstleister „ihrer Tätigkeit mit Vorkehrungen zum Schutz vor Infektionen weiterhin
nachgehen“ können. Dies wird dahingehend eingeschränkt, dass „Dienstleistungen und Handwerksleistungen,
bei denen ein Mindestabstand von 1,5 Metern zum Kunden nicht gewahrt werden
kann“, untersagt werden. Das gilt aber explizit nicht für „therapeutische Berufsausübungen,
insbesondere von Physio- und Ergotherapeuten, soweit die medizinische
Notwendigkeit der Behandlung durch ärztliches Attest nachgewiesen wird und
strenge Schutzmaßnahmen vor Infektionen getroffen werden.“ Die Verordnung
setzt demnach implizit voraus, dass ärztliche Behandlungen weiterhin
stattfinden können.
Rheinland-Pfalz, Rechtsverordnung vom 23.03.2020:
„Alle Einrichtungen des Gesundheitswesens bleiben unter Beachtung der notwendigen hygienischen Anforderungen geöffnet.“
Saarland, Allgemeinverfügung vom 20.03.2020:
Im Saarland gleicht die
Allgemeinverfügung im hier relevanten Kontext der bayerischen Rechtsverordnung.
Danach ist ein triftiger Grund für das Verlassen der eigenen Wohnung „die Inanspruchnahme medizinischer und
veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen (z.B. Arztbesuch,
medizinische Behandlungen; Blutspenden sind ausdrücklich erlaubt)“.
Sachsen, Allgemeinverfügung vom 22.03.2020:
Auch Sachsen regelt den
Fall der Praxisöffentlichkeit als Ausnahme von einer grundsätzlichen
Ausgangsbeschränkung. Dort ist ein triftiger Grund für das Verlassen der
häuslichen Unterkunft die „Inanspruchnahme
medizinischer, psychosozialer und veterinärmedizinischer
Versorgungsleistungen (z.B. Arztbesuch, medizinische Behandlungen und
zwingend notwendige fachliche Beratungen sowie Blut- und Plasmaspenden) sowie
der Besuch Angehöriger der Heil- und Gesundheitsfachberufe, soweit dies
medizinisch dringend erforderlich ist (z.B. Psycho- und Physiotherapeuten
auch in Alten- und Pflegeheimen)“.
Sachsen-Anhalt, Rechtsverordnung vom 24.03.2020:
Ähnliches gilt im
Nachbarland Sachsen-Anhalt. Ein triftiger Grund, der zum Verlassen der Wohnung
berechtigt, ist die „Inanspruchnahme
medizinischer, zahnmedizinischer, psychotherapeutischer und
veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen (z. B. Arztbesuch, medizinische
Behandlungen; Blut-und Blutplasmaspenden) sowie Besuche bei Angehörigen der
Gesundheitsfachberufe, soweit dies medizinisch dringend erforderlich ist (z. B.
Physiotherapeuten)“.
Schleswig-Holstein, Rechtsverordnung vom 23.03.2020:
In Schleswig-Holstein
sind „Tätigkeiten der Gesundheits- und
Heilberufe mit enger persönlicher Nähe zum Patienten […] insoweit
gestattet, sofern sie medizinisch akut geboten sind.“
Thüringen, Rechtsverordnung vom 26.03.2020:
In Thüringen gibt es die
wohl ausdifferenzierteste Verordnung im Hinblick auf die Tätigkeiten von Ärzten
und Zahnärzten. Die dortige Regelung lautet folgendermaßen: „Der Betrieb von Einrichtungen des
Gesundheitswesens ist grundsätzlich zulässig. Dies gilt insbesondere für
Polikliniken, Arzt-, Zahnarzt-, Tierarztpraxen, Psychotherapien und Apotheken.“
Ausdrücklich nur im Hinblick auf sonstige ambulante Betriebe des
Gesundheitswesens wird im Übrigen eine Koppelung an die medizinische
Notwendigkeit vorgenommen.
Es zeigt sich demnach
auf der einen Seite, dass Arzt- und Zahnarztpraxen nach wie vor in allen
Bundesländern öffnen dürfen. Auf der anderen Seite ist es aber so, dass in
manchen Bundesländern die Erbringung ärztlicher oder zahnärztlicher
Dienstleistungen an die (teils auch „dringende“
oder „akute“) medizinische
Notwendigkeit gebunden ist.
In diesem Kontext ist zwar
äußerst fraglich, ob diese Beschränkungen juristisch haltbar sind. Dies wird
sich jedoch kurzfristig nicht klären lassen, da auch die Gerichte derzeit nur
im eingeschränkten Betrieb arbeiten.
Was die betreffenden
Länder unter medizinischer Notwendigkeit, dringender medizinischer
Notwendigkeit oder akut gebotener medizinischer Behandlung verstehen, wird in
keinem Fall definiert.
Ein Ansatzpunkt zur
Annäherung an den Begriff der medizinischen Notwendigkeit sollte die
höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Begrifflichkeit sein, nach der eine
medizinisch notwendige Behandlung gegeben ist, wenn es nach objektiven
medizinischen Befunden und Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Vornahme der
Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen.
Im Lichte des Zwecks der
vorbezeichneten Verordnungen, die Corona-Pandemie einzudämmen, wird allerdings
eine restriktivere Einschätzung angezeigt sein. Maßgeblich für die Beurteilung
muss sein, was im Zuge eines Ausgleichs zwischen der Eindämmungsstrategie
einerseits und der medizinischen Versorgung der Bevölkerung im Übrigen
andererseits sinnvoll erscheint. Vor diesem Hintergrund wird die Behandlung von
Not- und Schmerzpatienten überall erlaubt sein. Darüber hinaus sollte in den
betreffenden Bundesländern im Einzelfall abgegrenzt werden: Ist etwa eine
Kontrolluntersuchung routinemäßig einmal im Jahr fällig, dürfte viel dafür
sprechen, sie nicht als medizinisch (dringend) notwendig einzustufen. Bei
engmaschig zu kontrollierenden Entwicklungen, etwa im Anschluss an bestimmte
Operationen, wird sich die medizinische Notwendigkeit dagegen besser begründen
lassen.
Die Einschätzung, ob eine Behandlung medizinisch notwendig in diesem Sinne ist oder nicht, muss der jeweilige Praxisinhaber treffen. In jedem Fall sei eine gute Dokumentation angeraten: Bei angenommenen Behandlungen gilt dies vor dem Hintergrund, dass im Kontext einer Kontrolle dargelegt werden können sollte, dass und warum die Maßnahmen medizinisch notwendig im Verordnungssinne waren. Auch abgelehnte Behandlungen sollten darüber hinaus vermerkt werden, um demonstrieren zu können, dass man sich mit der Frage der Durchführung von Behandlungen im Einzelfall auseinandergesetzt hat.
Björn Papendorf, LL.M. Rechtsanwalt | Fachanwalt für Medizinrecht
Milliarden-Hilfsprogramm – wie komme ich einfach und unkompliziert an das Geld?
Liebe Mandantinnen und Mandanten,
die globale Ausbreitung des Coronavirus stellt Beschäftigte und Unternehmen der Gesundheitswirtschaft in Deutschland vor große Herausforderungen. Das Bundesfinanzministerium hat deshalb am 13. März 2020 gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium einen umfassenden Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen errichtet. Damit sollen Arbeitsplätze geschützt und Folgen für Unternehmen alle Größen und Branchen abgefedert werden.
Aus diesem Anlass haben wir am Freitag, 27.03.2020 von 16.00 – 17.30 Uhr für Sie einen kostenlosen Experten-Online Talk mit Live-Chat organisiert.
Sie können LIVE Ihre Fragen an die Experten richten!
Am 27.03.2020 um 16.00 – 17.30 Uhr geht es um die Themen:
Milliarden-Hilfsprogramm
Die Versorgung von Unternehmen, Selbständigen und Freiberuflern (Ärzte und Praxen) mit Liquidität wird erleichtert.
Wie kommen Sie einfach und unkompliziert an Ihr Geld?
Steuerliche Hilfsmaßnahmen
Ärzte und Unternehmen jeder Größe erhalten steuerliche Hilfen, um ihre Liquidität zu verbessern. Für unmittelbar vom Coronavirus betroffene Unternehmen gilt bis Ende 2020:
Finanzbehörden gewähren Stundungen von Steuerschulden. Steuervorauszahlungen können angepasst werden.
Wie setzen Sie das in der Praxis um?
Beschäftigung und Einkommen und Entschädigung.
Arztpraxen und Unternehmen können Kurzarbeitergeld beantragen – wie geht das und welche Rechten und Pflichten entstehen daraus für AG und AN?
Gibt es Entschädigungsmöglichkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (bei Praxisschließungen) und wie sieht das in dem Zusammenhang mit der Versorgungspflicht aus?
Was ist praktisch zu tun und wo kann was beantragt werden?
Im Anschluss: Fragen im Livechat
Referenten
Oliver Neumann, ASI Wirtschaftsberatung, Wirtschaftsberater, Initiator des Projektes Businessdoc – Moderator
Björn Papendorf, Fachanwalt für Medizinrecht, Kanzlei für Wirtschaft und Medizin -KWM- Münster – Referent
Christoph Gasten, Diplom-Finanzwirt (FH), Steuerberater, Kanzlei Laufenberg, Michels und Partner – Referent
Zusätzliche Informationen
Es handelt sich um ein Live-Webinar. Sie erhalten rechtzeitig vor Beginn der Online-Veranstaltung eine E-Mail mit den Zugangsdaten.
Gerade die aktuell so
schwere Krise verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig es ist, sich, die Familie,
aber auch sein Unternehmen im Fall der Erkrankung ausreichend abzusichern.
Vollmachten in ihren
spezifischen Ausformungen kommt in diesem Zusammenhang eine ganz besondere
Bedeutung zu. Wenn Sie Ihre Angelegenheiten zumindest teilweise nicht mehr
selbst erledigen können, sieht die aktuelle Gesetzeslage vor, dass Ihnen ein
Betreuer zur Seite gestellt wird.
Möchte man die
Betreuerbestellung vermeiden und selbst darüber entscheiden, wer als
Vertrauensperson sowohl rechtsgeschäftlich als auch in persönlichen
Angelegenheiten (Heilbehandlung, Unterbringung, etc.) entscheidet, ist es unerlässlich,
Vollmachten zu erteilen.
Dabei kommt es
entscheidend darauf an, die richtigen Regelungen in einem wirksamen Umfang zu
treffen, damit die Vollmacht auch effektiv eingesetzt werden kann. So kann
beispielsweise eine Vorsorgevollmacht auch eingesetzt werden, wenn der
Vollmachtgeber zwar nicht geschäftsunfähig, aber zwangsweise in Quarantäne
verbleiben muss. Es kommt auf die inhaltlich passende Gestaltung der Vollmacht
an.
Besonderes Augenmerk
sollten Unternehmer/Freiberuflicher/Gesellschafter darauf legen, dass im Fall
des eigenen (wenn auch nur vorübergehenden) Unvermögens Vermögenswerte
zukunftsorientiert verwaltet werden und Handlungsanweisungen den passenden
rechtlichen Rahmen erhalten.
Wird ein Gesellschafter
beispielsweise für einen längeren Zeitraum geschäftsunfähig, hat er ein
Interesse daran, dass sein Vertreter in seinem Interesse in der Gesellschaft
agiert, ggf. unternehmerische Entscheidungen trifft und in diesem Zuge
möglicherweise auch Risiken eingeht.
Liegt keine ausreichende (Vorsorge-)Vollmacht vor, wird ein Betreuer den schmalen Grad zwischen unternehmerischer Entscheidung und pflichtwidriger Betreuung beschreiten müssen.
Nicht jede
unternehmerisch vertretbare Entscheidung stellt auch eine pflichtgemäße
Betreuung dar. Die Belange der Gesellschaft und der Mitgesellschafter sind für
einen Betreuer grundsätzlich nicht entscheidungserheblich. Der Betreuer ist nur
Verwalter. Ein von Ihnen gezielt eingesetzter Bevollmächtigter hingegen ist
nicht verpflichtet, Rechnung zu legen und Rechenschaft gegenüber dem Gericht abzugeben.
Er kann frei agieren und auch wenn er für Missbrauch haftet, fallen
unternehmerisch vertretbare Entscheidungen seltener unter diesen Aspekt.
Zudem lässt sich durch
eine Vollmachtserteilung ein oft langwieriges Betreuungsverfahren vermeiden und
schnelle Handlungsfreiheit gewährleisten. Ein Betreuungsverfahren bremst die
oftmals notwendige Dynamik in Entscheidungsprozessen der Gesellschaft aus, mit
der Folge kostspieliger Verzögerungen. Der Betreuer unterliegt der staatlichen
Kontrolle und muss zu Beginn seiner Tätigkeit ein Vermögensverzeichnis
erstellen und bei Gericht einreichen. Ggf. muss im Hinblick auf einen
Gesellschaftsanteil nicht nur eine Inventarliste und eine Bilanz/Einnahmen-/Überschussrechnung
durch den Betreuer bei Gericht vorgelegt werden, sondern möglicherweise auch
eine Bewertung des Gesellschaftsvermögens zur Ermittlung des Anteilswertes
erfolgen. Während des Betreuungszeitraums muss grundsätzlich über die
Vermögensverwaltung Rechnung gelegt werden.
Es gibt eine Vielzahl
von weiteren Problemen, die durch die Einsetzung eines gesetzlichen Betreuers in
Unternehmen entstehen können und unternehmerische Abläufe erheblich erschweren.
Ein Problembewusstsein
in diesem Bereich ist unserer Auffassung nach daher unerlässlich.
Dies gilt natürlich auch
im privaten Bereich. Auch dort sind weder der Ehegatte noch Verwandte
berechtigt, ohne entsprechende Vollmacht zu handeln. Mittels der
Vorsorgevollmacht wird eine gerichtliche Betreuerbestellung vermieden, sodass
im Vorsorgefall schnell und vor allem unbürokratisch die Möglichkeit besteht,
sämtliche Angelegenheiten (rechtlicher und medizinischer Natur, etc.) im Sinne
des Vollmachtgebers auszuführen.
Die Kanzlei KWM bietet Ihnen zu diesem Thema eine kostenfreie telefonische Erstberatung – rufen Sie uns an (0251-535990) und verlangen Sie Rechtsanwalt Dirk Wenke. Wir freuen uns auf Ihren Anruf!
Mit Hochdruck arbeiten alle
Beteiligten, insbesondere auch im Gesundheitssystem, daran, die Folgen der aktuellen
Pandemie medizinisch auf ein Minimum zu reduzieren.
Gleichzeitig sind die
wirtschaftlichen Folgen der Maßnahmen bereits evident.
Von staatlichen Verboten, nicht zwingend notwendige ambulante Operationen durchzuführen über die – diskutierte – Zwangsrekrutierung von Ärzten oder die (bereits geplante) Beschlagnahmung von Beatmungsgeräten bis hin zu einer Vielzahl von Praxen ohne oder mit wenigen Patienten: Vieles ist in Bewegung.
Neben den möglichen „bewährten“ Instrumenten des Kurzarbeitergelds oder der Entschädigungsregelungen des Infektionsschutzgesetzes arbeitet der Gesetzgeber derzeit an einem „Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen“ (Stand 21.03.2020).
Neben Regelungen für die Bereiche
Krankenhaus und Pflege finden sich auch Änderungen im Vertragsarztrecht.
Folgende Kernaussagen lassen sich festhalten:
Für Zahnärzte sind bisher keinerlei Regelungen
vorgesehen.
Mindert sich das Gesamthonorar eines
vertragsärztlichen Leistungserbringers um mehr als 10 Prozent (im Vergleich zum
Vorjahresquartal) und ist diese durch „Corona“ begründet, kann die KV eine
befristete Ausgleichszahlung leisten. Die Ausgleichszahlung aber ist beschränkt
auf Leistungen, die außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet
werden und zu mindern um andere Ersatzleistungen. Die Krankenkassen sind
gegenüber der KV erstattungspflichtig.
Im HVM der KV müssen „zeitnah geeignete
Regelungen“ getroffen werden, wenn sich aufgrund der Pandemie/Epidemie die
„Fallzahl in einem die Fortführung der Arztpraxis gefährdenden Umfang“
vermindert.
Krankenkassen müssen den Kassenärztlichen
Vereinigungen diejenigen zusätzlichen Kosten erstatten haben, die zur
Finanzierung der außerordentlichen Maßnahmen erforderlich sind, um die
vertragsärztliche Versorgung während des Bestehens der epidemischen Notlage in
der gebotenen Weise sicherzustellen.
Ohne Einschränkung lässt sich festhalten:
Die derzeitigen Planungen zum heutigen Stand helfen den (Zahn)Ärzten kurzfristig allenfalls bedingt. Die neuen Regelungen zeigen aber, dass der Gesetzgeber bestrebt ist, über Anpassungen der Honorarverteilungsmaßstäbe die meisten Formen von Fallzahlrückgängen zu kompensieren.
Es ist momentan zu empfehlen, sich akut auf maßgeschneiderte Lösungen, die bereits jetzt offenstehen, zu konzentrieren. Wir beraten Sie bei Bedarf gerne individuell.
Die Corona-Krise ist ernst. Im
Stundentakt flattern neue Hiobsbotschaften durch die Newsticker. Maßnahmen, die
noch vor wenigen Tagen in Anbetracht der im deutschen Recht heiligen
Grundrechte undenkbar gewesen wären, werden in diesen Tagen nacheinander
ergriffen. Von Betretungsverboten für Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen über
die flächendeckende Einstellung des Betriebs von Schulen und Kindertagesstätten
bis hin zur nun auch in vielen Teilen der Republik Realität gewordenen
Schließung des Einzelhandels steigt die Eskalationsstufe rasant an.
Auch Ärzte und Zahnärzte sind von der
Frage umtrieben, wie es mit dem Praxisbetrieb weiterlaufen soll. Von einigen
Stellen wird angeraten, die Praxen nur noch phasenweise für Schmerzpatienten
oder Notfälle zu öffnen und sie im Übrigen zu schließen – so exemplarisch am
17.03.2020 von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin.
Kann man solchen Empfehlungen bedenkenlos
folgen? Erhalten die Praxen dann eine Entschädigung? Wie hoch fällt eine solche
gegebenenfalls aus und was ist mit Mitarbeitergehältern? Die Antworten auf
diese Fragen: Ernüchternd.
Empfehlungen von K(Z)Ven oder Kammern
Zuallererst ist festzuhalten, dass weder
die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen noch die Kammern – sei es auf
Bundesebene oder in den einzelnen Regionen – die Befugnis haben,
Praxisschließungen anzuordnen. Vor diesem Hintergrund – und das sei in aller
Deutlichkeit hervorgehoben – ist es sinnlos, sich den Petitionen anzuschließen,
die im Netz verbreitet werden und auf eine Schließungsverfügung der Praxen
durch Kammern oder K(Z)Ven angelegt sind.
Das erste Statement ist also: Selbst wenn
von Seiten der Kammern oder der K(Z)Ven eine Schließung von Praxen empfohlen
werden sollte, handelt es sich hierbei nicht um eine rechtsverbindliche
Anordnung, der ein Praxisinhaber Folge zu leisten hätte.
Freiwillige Praxisschließung
An diese Erkenntnis knüpft nahtlos eine
Folgefrage an: Was geschieht denn, wenn ein Praxisinhaber einer solchen
Empfehlung folgt und seine Praxis vorläufig schließt? Die harte, aber ehrliche
Antwort: Alles bleibt, wie es ist, nur eben ohne Praxiseinnahmen! Da die
Praxisschließung auf einem freiwilligen Entschluss des Praxisinhabers beruht,
ist der Sachverhalt juristisch nicht anders zu beurteilen, als wenn er die
Praxis aus anderen Gründen vorübergehend geschlossen hätte. Daran vermag es
auch nichts zu ändern, dass die Schließungsentscheidung von berufsständischen
Organisationen nahegelegt wurde.
In der Konsequenz bedeutet das: Die
Praxiskosten laufen weiter – insbesondere also Miete, Gehälter oder laufende
Bezugsverpflichtungen –, während auf der Einnahmenseite nur Ebbe zu verzeichnen
ist. Es mag zwar an der einen oder anderen Stelle die Möglichkeit geben,
Zahlungen unter Verweis auf das gleichzeitige Ausbleiben der Gegenleistung zu
verweigern. Insgesamt gilt aber voraussichtlich, um es unabhängig von moralischen
Fragen prägnant auszudrücken: Wer stoppt, verliert!
Praxisschließung infolge behördlicher Anordnung
Auch nach den aktuellsten Erlassen der
Landesregierungen sind Arzt- und Zahnarztpraxen noch verschont geblieben von
Schließungsverfügungen, wie sie etwa den Einzelhandel oder in weitem Umfang
auch den gastronomischen Bereich betreffen. Führt man sich allerdings vor
Augen, wie sich die Ereignisse derzeit überschlagen, lassen sich gerade in Bezug
auf Zahnarztpraxen entsprechende Anordnungen oder jedenfalls
Betriebsbeschränkungen für die Zukunft kaum ausschließen. Was also gälte im
Fall der behördlich angeordneten Praxisschließung?
Zuerst wird man an dieser Stelle anders
als im Hinblick auf die Empfehlungen von berufsständischen Organisationen den
Unterschied zu beachten haben, dass einer solchen Ordnungsverfügung zu folgen
wäre. Ob die Schließung einer Praxis rechtmäßig wäre, steht dabei auf einem
anderen Blatt. Nebenbei: Dasselbe gilt auch für die Schließung lokaler
Geschäfte. Ob die von den Landesregierungen und den örtlichen Ordnungsbehörden
bemühte Rechtsgrundlage in § 28 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes
ausreichend ist, um die ergriffenen Maßnahmen zu rechtfertigen, ist derzeit
völlig unklar.
Ungeachtet dieser juristischen Frage, die
in der post-Pandemie-Zeit aller Voraussicht nach viele Gerichte beschäftigen
dürfte, kommt es auch hier wieder zum wirtschaftlichen Stillstand der Praxis.
Gibt es denn nun in dieser Konstellation Entschädigungszahlungen?
Bei dieser Fragestellung scheiden sich
derzeit die Geister. Problematisch ist hier vor allem, dass die im
Infektionsschutzgesetz angelegten Entschädigungsansprüche auf die Schließungen
von Betrieben aller Voraussicht nach keine Anwendung finden werden. Der
insoweit maßgebliche § 56 des Infektionsschutzgesetzes findet nämlich
nur Anwendung auf Personen, die als Ausscheider, Ansteckungsverdächtige,
Krankheitsverdächtige als sonstige Träger von Krankheitserregern infektionsschutzrechtlichen
Berufsverboten oder Quarantänisierungen unterworfen werden und dadurch einen
Verdienstausfall erleiden. Ob diese Voraussetzungen im Hinblick auf die
Schließungen von Praxen erfüllt sein werden, obwohl kein persönliches
Berufsverbot und keine Quarantäne angeordnet wurden, ist zumindest fraglich.
In Ansehung dessen ist es umso
gefährlicher, wenn etwa die Kassenärztliche Bundesvereinigung in einem
Hinweisblatt zu Entschädigungsleistungen verlautbaren lässt, dass Ärzte
Anspruch auf Entschädigung hätten, wenn der Praxisbetrieb aus
infektionsschutzrechtlichen Gründen untersagt werde. Solche Aussagen sind in
dieser Pauschalität irreführend, da sie darüber hinwegtäuschen, dass gerade im
Fall der behördlichen Praxisschließung – auch wenn diese auf
infektionsschutzrechtlichen Gründen beruht – der Anspruch auf Entschädigung
keineswegs gesichert ist.
In diesem Dunstkreis sind auch Konflikte
zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorprogrammiert: Sind die Gehälter
fortzuzahlen oder ruhen die Ansprüche während der Dauer der
Schließungsanordnung? Die Beantwortung dieser Frage orientiert sich daran, ob
die Schließung von Praxen in das Betriebsrisiko fällt, das der Arbeitgeber zu
tragen hat. Von manchen Stimmen werden Epi- und Pandemien als allgemeine
Gefahrenlagen angesehen, die man mit dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers nicht
in Verbindung bringen könne. Die sich hiergegen richtende überwiegende Meinungsströmung
ist, dass die hohe Frequenz potenziell infektiöser Kontakte in der besonderen
Eigenart einer (Zahn-)Arztpraxis angelegt sei. Diese besondere Eigenart rechtfertige
die Zuordnung von Epidemien und Pandemien zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers
und damit dessen Pflicht zur Fortzahlung der Gehälter.
Sollten die Behörden
Entschädigungsleistungen in diesen Fällen versagen, lässt sich zwar über die
Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nachdenken. Bei sämtlichen
Überlegungen wird jedoch zu beachten sein, dass die derzeitigen Maßnahmen den
Staat wirtschaftlich belasten werden, wie wohl keine andere wirtschaftliche
Krise je zuvor. Es wird sich also auch in praktischer Hinsicht erst einmal
zeigen müssen, ob Bund und Länder die erheblichen Forderungen der Betriebe und
Arbeitnehmer – man denke nur beispielhaft an Kurzarbeit, Entschädigungen nach
dem Infektionsschutzgesetz und eventuelle Staatshaftungsansprüche – überhaupt
befriedigen können.
Was ist mit Kurzarbeitergeld?
Der Rettungsanker bleibt für viele Praxen
derzeit das Kurzarbeitergeld. Der Gesetzgeber hat insoweit ein Maßnahmenpaket
geschnürt, mit dem viele Betriebe so unterstützt werden sollen, dass sie
möglichst auf Kündigungen verzichten können.
Zur hintergründigen Erläuterung:
Man spricht von Kurzarbeit, wenn ein
Arbeitgeber infolge eines erheblichen Arbeitsausfalls die Arbeitszeit seiner
Arbeitnehmer und äquivalent hierzu das entsprechende Gehalt den betrieblichen
Anforderungen entsprechend kürzt. Für Arbeitnehmer folgt hieraus oft ein
beträchtlicher Liquiditätseinsturz, den die Sozialleistung „Kurzarbeitergeld“
abfedern soll. Der Arbeitgeber muss das Kurzarbeitergeld für seine Arbeitnehmer
im Vorhinein (!) beantragen. Die Höhe des Kurzarbeitergelds richtet sich nach
der Differenz zwischen dem Nettobetrag, den der Arbeitnehmer normalerweise
erzielt hätte und dem Nettobetrag, den ihm der Arbeitgeber während der
Kurzarbeitsperiode auszahlt. Letzterer Betrag beläuft sich im schlimmsten Fall
auf null Euro, wenn die Kurzarbeit zu einer Verringerung der Arbeitszeit – und
damit des Gehalts – auf null Stunden führt. Das Kurzarbeitergeld deckt
sodann in der Regel 60 % bzw. bei Arbeitnehmern mit Unterhaltspflichten
für Kinder 67 % der durch die Kurzarbeit entstandenen Nettoentgeltdifferenz
ab.
Grundvoraussetzung für die Beantragung von Kurzarbeitergeld ist dabei, dass es im arbeitsrechtlichen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitsnehmer eine rechtliche Grundlage für die Anordnung der Kurzarbeit gibt. Eine solche kann sich in Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen oder dem jeweiligen Arbeitsvertrag finden. Um betriebsbedingten Kündigungen vorzubeugen wird derzeit aber auch reger Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, eine Nachtragsvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag abzuschließen, um das Instrument der Kurzarbeit kurzfristig zu etablieren. Der Vollständigkeit halber sei hervorgehoben, dass es noch weitere Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld gibt. Die Darstellung sämtlicher Aspekte würde indessen den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Wenn Sie für Ihre Praxis eine Mitarbeitervereinbarung zur Kurzarbeit benötigen, sprechen Sie uns an oder nutzen Sie unsere Corona-Hotline.
Zu raten bleibt sämtlichen Beteiligten in
diesem Zusammenhang, einen kühlen Kopf zu bewahren und einvernehmlich für jede
Seite erträgliche Verhältnisse zu schaffen.
Fazit
Aus wirtschaftlicher Perspektive sei
nachdrücklich empfohlen, eine Praxis nicht im Sinne einer Kurzschlussreaktion
zu schließen. Der medizinische Sektor ist derzeit noch nicht von hoheitlichen
Anordnungen betroffen, sodass die Entscheidung über eine Schließung bei den
einzelnen Praxisinhabern liegt. Man sollte in diesem Kontext auf keinen Fall
dem Trugschluss unterliegen, etwaige Empfehlungen von Kammern oder
Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen seien rechtsverbindliche
Schließungsverfügungen. Leistet man den Empfehlungen Folge, wird man die
wirtschaftlichen Konsequenzen selbst zu tragen haben.
Auch im Übrigen sind die Aussichten auf
Entschädigungsleistungen bei – glücklicherweise noch nicht angedachten –
behördlichen Praxisschließungen unsicher. Ratsam dürfte es sein, im Fall der
Fälle vorsichtshalber Ansprüche auf Entschädigungen bei der zuständigen Behörde
geltend zu machen. Möglicherweise wird die Verwaltungspraxis in diesem Kontext
auch eine großzügige Auslegungsroutine entwickeln. All dies wird abzuwarten
sein.
Vorerst sollte der Gedanke der
Praxisschließung jedoch zunächst durch die Überlegung ersetzt werden, ob
zumindest für Teile der Arbeitnehmer Kurzarbeit angeordnet werden könnte. Die
entsprechenden Gespräche sollten sodann umsichtig und behutsam geführt werden –
Streitigkeiten sind derzeit sicher das Letzte, was man in Anbetracht der
ohnehin schon prekären Lage zusätzlich braucht.
Björn Papendorf, LL.M. Rechtsanwalt | Fachanwalt für Medizinrecht
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