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Spezialfall: Vererben der Praxisimmobilie

Die Frage der erbrechtlichen Gestaltung wird nicht nur häufig vernachlässigt, sondern führt aufgrund einer schlechten Konzeption auch leider sehr häufig zu Problemen, insbesondere im steuerrechtlichen Bereich. Gerade anhand des Beispiels der eigenen Praxisimmobilie wird dies deutlich.

Oftmals ist es der Wunsch, den Ehegatten im Fall des Todes wirtschaftlich abzusichern. Gerade das Berliner Testament ist ein klassisches Beispiel für eine derartige erbrechtliche Gestaltung. Darin können jedoch auch ungeahnte steuerliche Risiken liegen, die nicht nur erbschaftssteuerrechtlicher Natur, sondern auch aus einkommenssteuerrechtlicher Sicht problematisch sind.

Ist beispielsweise ein Arzt nicht nur Inhaber der Praxis, sondern auch Eigentümer der Praxisimmobilie, stellt sich die Frage, was mit der Praxis und der Praxisimmobilie im Fall des Todes geschehen soll. Soll die Praxis selbst beispielsweise an das Kind weitergegeben werden, das Praxisgebäude aber an den überlebenden Ehepartner zwecks eigener Versorgung, besteht die Gefahr, dass die Steuerbehörde von einer steuerpflichtigen Gewinnrealisierung ausgeht. Hintergrund ist, dass die Praxisimmobilie als Betriebsvermögen anzusehen ist, das durch den Übergang in das Eigentum des erbenden Ehegatten in das Privatvermögen überführt wird. Dadurch kann eine Aufdeckung stiller Reserven erfolgen, sodass ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn entsteht. Dies lässt sich nur dadurch verhindern, dass dem Kind neben der Praxis auch die Praxisimmobilie vererbt wird. Fraglich ist dann natürlich, wie der Ehegatte abgesichert werden soll.

Anhand dieses Beispiels zeigt sich, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig über letztwillige Verfügungen in Form eines Testaments oder Erbvertrages oder über lebzeitige Gestaltungen, ggf. auch in gesellschaftsrechtlicher Form, Gedanken zu machen. Erstaunlicher Weise haben nur 20-30 % der deutschen Bundesbürger ein Testament. Davon erfüllen statistisch nur 5 bis maximal 8 % ihren Zweck.

Bestandteil einer jeden Vorsorge/Nachfolgeplanung sollte daher zumindest eine erbrechtliche Erstberatung sein, die im Übrigen auch unter Berücksichtigung der Kosten für erbrechtliche Streitigkeiten und damit verbundener Problematiken in jedem Fall lohnenswert ist.

KWM Autor
Dirk Wenke
Fachanwalt für Familienrecht
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