Das Bundessozialgericht hat am
13.02.2019 (B 6 KA 62/17 R) festgestellt, dass eine gleichzeitige Anstellung
auf einer halben hausärztlich-internistischen und einer halben fachärztlich-internistischen
Arztstelle nicht möglich ist.
Das sei mit der gesetzlichen
Zuordnung von Arztgruppen entweder zur hausärztlichen oder zur fachärztlichen
Versorgung nicht vereinbar. Jedenfalls könne ein Arzt im Rahmen seines
Anstellungsverhältnisses bei einem Arzt, bei einer Berufsausübungsgemeinschaft,
bei einem MVZ oder ein und derselben Zulassung nur entweder hausärztlich oder
fachärztlich tätig sein. Die Trennung von hausärztlicher und fachärztlicher
Versorgung bei Zulassungen oder Anstellungsgenehmigungen werde durch die
Einführung hälftiger Versorgungsaufträge nicht obsolet. Die Erfüllung der
besonderen Aufgaben von Hausärzten solle nach dem Willen des Gesetzgebers nicht
durch die Möglichkeit gleichzeitiger fachärztlicher Tätigkeit beeinträchtigt
werden.
Das Sozialgericht Hamburg hatte dies noch anders gesehen und geurteilt, dass aus der Unterscheidung von hausärztlicher und fachärztlicher Versorgung und der Zuordnung von Arztgruppen zu einem der beiden Versorgungsbereiche kein gesetzliches Verbot folge, eine Ärztin/einen Arzt jeweils zur Hälfte in beiden Versorgungsbereichen zu beschäftigen. Im fachübergreifenden MVZ der Klägerin dürften Patienten ohne Weiteres hausärztlich-internistisch und fachärztlich-internistisch versorgt werden. Die mit der Anerkennung hälftiger Versorgungsaufträge durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz bezweckte Flexibilisierung der beruflichen Betätigung gehe der Trennung beider Versorgungsbereiche vor.
Diese Entscheidung wurde nun
aufgehoben, die Zulassungsgremien haben die seinerzeitigen Anträge des MVZ
mithin zu Recht abgelehnt.
Alle zwei Jahre versammelt sich alles, was im Dentalmarkt Rang und Namen hat, in Köln: Die IDS findet statt – die Weltleitmesse der Dentalbranche. Mit 2.327 Unternehmen aus 64 Ländern blieben für den zahnheilkundlich Interessierten keine Wünsche offen.
KWM war mit einem Team bestehen aus vier Anwälten vor Ort: Björn Papendorf, LL.M., Dr. Karl-Heinz Schnieder, Björn Stäwen, LL.M. und Dr. Tobias Witte erkundeten die Neuerungen aus der dentalen Welt. Dabei war es uns eine große Freude, viele Mandanten und Kooperationspartner wiederzusehen sowie auch ganz neue Gesichter kennenzulernen und die teils über Jahre gewachsenen Bekanntschaften zu pflegen.
Im Zentrum der IDS standen in diesem Jahr sicherlich zwei große Themen: Das Aufkommen der Investoren im Dentalmarkt sowie die weiter fortschreitende Digitalisierung. Hier war es spannend zu lauschen, wie die Player aus der dentalen Welt mit den neuen Herausforderungen, aber auch Chancen jeweils auf ihre Weise umgehen wollen. Dass KWM gerade auch bei diesen Themen in großem Umfang beratend und rechtsgestaltend mitwirkt, steht dabei außer Frage.
Wir freuen uns bereits jetzt auf die nächste IDS – auch 2021 werden wir in Köln vor Ort sein, um dem Dentalmarkt auf den Puls zu fühlen.
Die
Approbation ist die Grundlage jeder ärztlichen Tätigkeit. Wird diese entzogen,
ist auch der beruflichen Tätigkeit und damit der wirtschaftlichen Existenz des
betroffenen Arztes den Boden entzogen. In der Bundesärzteordnung (BÄO) sind die
verschiedenen Gründe gesetzlich festgeschrieben, aus denen eine Approbation
widerrufen werden kann. Die klassischen Widerrufsgründe sind dabei zum einen
die Unwürdigkeit oder die Unzuverlässigkeit des Arztes oder gesundheitliche
Probleme, die die Untauglichkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs nach sich
ziehen.
Ein
Klassiker beim Widerruf der Approbation aufgrund einer Unwürdigkeit zur
Ausübung des ärztlichen Berufs ist die Begehung eines Abrechnungsbetrugs.
Die
Begehung von Straftaten, wie der eines Abrechnungsbetrugs, kann ein zur Unwürdigkeit führendes Verhalten darstellen, wenn die
Straftat
einen
schwerwiegenden Verstoß gegen Berufspflichten darstellt oder
einen
behandlungsrelevanten Aspekt aufweist oder
ein
schweres Delikt auch außerhalb des beruflichen Wirkungskreises darstellt.
Begeht
ein Arzt ein Vermögendelikt, wie einen Abrechnungsbetrug zulasten der
Krankenkassen / Kassenärztlichen Vereinigungen, dann begründet dies nicht
zwangsläufig und automatisch die berufliche Unwürdigkeit, stellt aber in jedem
Fall einen „schwerwiegenden Verstoß gegen Berufspflichten des Arztes“ dar.
Dabei reicht ein Abrechnungsbetrug mit erheblichem Schaden aus, um die
Approbation gerichtsfest zu entziehen (vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 19.01.2011,
Az.: 5 A 96/09; bei BayVGH, Beschluss vom 11.05.216, Az.: 21 ZB 15.2776).
Dass
sich hier pauschale Aussagen jedoch verbieten, zeigt ein brandaktuelles Urteil
des Verwaltungsgerichts Hamburg (Urteil vom 23.01.2019, Az.: 17 K 4618/18):
Die
Freie und Hansestadt Hamburg widerrief im Februar 2018 die Approbation eines
Arztes, der seit Mitte der 90er Jahre Chefarzt der kardiologischen Abteilung
eines Hamburger Krankenhauses war. Innerhalb von vier Jahren hatte dieser
Chefarzt im eigenen Namen im Rahmen seiner Ambulanz Leistungen zur Abrechnung
gebracht, die nicht er selbst, sondern andere nachgeordnete Ärzte aus seinem
Team erbracht hatten. Die Folge war ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren,
in dessen Folge der Arzt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr auf
Bewährung und zu einer Geldbuße in Höhe von 100.000 EUR verurteilt wurde.
Die Ärztekammer prüfte den Fall ebenfalls, beließ es aber dabei und verhing
keine weiteren Sanktionen.
Nach
Strafverfahren und kammerrechtlichem Verfahren schließt sich regelmäßig in den
Fällen größeren ärztlichen Fehlverhaltens das approbationsrechtliche Verfahren
an, das in aller Regel von den Bezirksregierungen geführt wird. In dem Fall des
kardiologischen Chefarztes hatte die Approbationsbehörde in Hamburg kurzerhand
den Widerruf der Approbation angeordnet. Der Abrechnungsbetrug, der auch durch
den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft nachgewiesen worden sei, sei
systematisch geschehen und über viele Jahre hinweg, sodass eine ärztliche
Unwürdigkeit vorliege.
Dagegen
klagte der Chefarzt mit Erfolg. Zuvor hatte er sich in den anderen Verfahren
vollständig kooperativ gezeigt und insbesondere auch gegenüber der
Kassenärztlichen Vereinigung dem von ihm verursachten Schaden vollständig
beglichen. Das Verwaltungsgericht Hamburg hängte die Hürden für
Approbationsbehörden, die die Approbation widerrufen wollen, in der Folge
nochmals höher:
Insbesondere
sei das Verhalten des Chefarztes hier nicht bloßes Gewinnstreben gewesen, auch
zeige es keinen gewissenlosen Umgang des Arztes mit den Geldern der Kassen. Vor
allem aber sei dieser Fall, bei dem es im Kern um den Grundsatz der
persönlichen Leistungserbringung geht, gleichsam weniger schwerwiegend, da hier
nur Routineaufgaben rechtswidrig delegiert worden seien, nicht aber ärztliche
Hauptleistungen. Dass ein Chefarzt in größerer Form an sein Team im
Klinikalltag delegiere, mindere im Ergebnis die Vorwerfbarkeit.
Dieses
Urteil ist einigermaßen überraschend, da zuvor bei Betrugstaten im Zusammenhang
mit der ärztlichen Tätigkeit fast automatisch ein Widerruf der Approbation
erfolgt ist. Hierzu hielt beispielsweise der Bayrische Verwaltungsgerichtshof
mit Beschluss vom 11.05.2016 fest:
„Die korrekte Abrechnung
der ärztlichen Leistungen […] gehört zu den Berufspflichten eines Arztes. Die
Gefährdung der finanziellen Basis der Kassen durch betrügerische
Falschabrechnungen in großem Umfang ist eine gravierende berufliche Verfehlung,
die ohne Weiteres zur Berufsunwürdigkeit führen kann. Eines zusätzlichen
„behandlungsrelevanten Aspekts“, […] bedarf es insoweit nicht.“
Das
Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg ist richtig und wichtig, da es
Approbationsbehörden, die nicht selten ohne eigene Prüfung des Sachverhalts
gleichsam automatisch den strafrechtlichen Feststellungen folgen, den Wind aus
den Segeln nimmt. Hier zeigt sich eine generelle Tendenz:
2016
hatte das Verwaltungsgericht Halle ebenfalls entschieden, dass
Verwaltungsbehörden einen Sachverhalt eigenständig rechtlich bewerten müssen
und nicht die strafrechtlichen (und damit von anderen rechtlichen
Voraussetzungen ausgehenden) Feststellungen unkritisch übernehmen dürfen (vgl.
VG Halle, Urteil vom 14.04.2016, Az.: 5 A 2/15 HAL). Diese Rechtsprechungstendenz
(siehe auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10.01.2019 – Az.: 5 K
4827/17) muss dazu führen, dass Approbationsbehörden in Zukunft jeden
Einzelfall autonom prüfen und gerade bei unbestimmten Rechtsbegriffen, wie
demjenigen der ärztlichen „Unwürdigkeit“, ganz genau hinschauen, ob die
individuelle Vorwerfbarkeit im Einzelfall zum Entzug der beruflichen Existenz
ausreichend ist.