Die Wirtschafts-Woche (Heft 7/2021) hat kwm als Top-Kanzlei für Medizinrecht auf der Seite der (Zahn)Ärzte, Krankenhäuser, Pharmaunternehmen und Versicherungen ausgezeichnet. Der Kollege Prof. Dr. Jenschke wird darüber hinaus als Top-Anwalt 2021 empfohlen. Das Handelsblatt befragt jährlich mehr als 500 Medizinrechtler nach den renommiertesten Kanzleien des Rechtsgebiets und lässt eine Auswertung von einer Expertenjury vornehmen.
kwm vereint ausschließlich Spezialisten unter einem Kanzleidach, ist bundesweit tätig und mit 18 (Fach)Anwälten eine der größten Medizinrechtskanzleien.
Unser Team freut sich über die Auszeichnung und das damit verbundene Vertrauen.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat zwei Eilanträgen – Beschlüsse der 14. Kammer vom 11. Februar 2021 (VG 14 L 18/21, VG 14 L 20/21) – von Notfallkrankenhaus-Trägerinnen gegen das Verbot, nicht dringliche Behandlungen durchzuführen, stattgegeben.
Die Berliner Gesundheitssenatorin hatte bereits im November 2020 die 38 Notfallkliniken der Stadt angewiesen, nur Akutfälle versorgen. Die entsprechende Krankenhaus-Covid-19-Verordnung stützt sich dabei auf § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Nach deren § 6 Abs. 2 Satz 1 dürfen in allen Notfallkrankenhäusern unter Einhaltung der vorgegebenen Reservierungs- und Freihaltequoten nur noch medizinisch dringliche planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe bei Patientinnen und Patienten durchgeführt werden (Behandlungsverbot).
Hiergegen wandten sich Notfallkrankenhaus-Trägerinnen mit gerichtlichen Eilanträgen. Sie begehrten die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sind, in ihren Krankenhäusern das Verbot nicht dringlicher Behandlungen zu beachten.
Die 14. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts hat den Anträgen auf Erlass einstweiliger Anordnungen stattgegeben.
Nach Mitteilung des Gerichts werde sich Behandlungsverbot in der Krankenhaus-Covid-19-Verordnung w in einem Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig und nichtig erweisen, da ihm eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage fehle. Nach Art. 80 Abs. 1 GG könnten durch Bundesgesetz zwar auch Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Die vom Antragsgegner angeführte Ermächtigungsgrundlage (§ 32 Satz 1 i.V.m. §§ 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 IfSG) decke das Behandlungsverbot aber nicht ab. Sie erlaube Schutzmaßnahmen und damit auch den Erlass entsprechender Rechtsverordnungen allein zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten wie Covid-19. Die mit dem Behandlungsverbot angestrebte Sicherstellung ausreichender Kapazitäten für eine stationäre Aufnahme und bedarfsgerechte Versorgung von Covid-19-Erkrankten sei von diesem Ermächtigungszweck nicht mehr gedeckt. Für eine erweiternde Auslegung der Ermächtigungsgrundlage dahingehend, dass auch sonstige in der Pandemielage dem Lebens- und Gesundheitsschutz dienliche Maßnahmen darauf gestützt werden könnten, sei wegen des klaren Wortlauts und systematischen Zusammenhangs der Normen kein Raum. Angesichts der geltend gemachten Einnahmeausfälle der Antragstellerinnen und des ihren Krankenhäusern bei der Abweisung von Patienten drohenden Reputationsverlustes sei schließlich auch der erforderliche Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die Corona-Pandemie hält an,
Geschäfte schließen, Arbeiten im Home-Office wird für viele zur Normalität,
aber die (Zahn)Arztpraxen sowie Apotheken bleiben grundsätzlich geöffnet. Immer
mehr Praxen und Apotheken sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, auf die
Arbeitskraft einzelner Mitarbeiter wegen behördlicher Maßnahmen nach dem
Infektionsschutzgesetz wie einer Quarantäne oder eines beruflichen
Tätigkeitsverbots zeitweise verzichten zu müssen. Im schlimmsten Fall droht die
zeitweise Schließung der jeweiligen Einrichtung. Der daraus entstehende
finanzielle Schaden ist immens.
Arbeitgebern, die ihren
angestellten Mitarbeitern das Entgelt fortbezahlen, stehen
Entschädigungsansprüche zu, deren Geltendmachung zumindest einen Teil an
Kompensation verspricht.
Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz
Das Infektionsschutzgesetz sieht zunächst
verschiedene Ermächtigungsgrundlagen für Maßnahmen der zuständigen Landesbehörde
vor. Bei den genannten Maßnahmen im Rahmen der Corona Pandemie handelt es sich vor
allem um Schutzmaßnahmen nach §§ 24 ff. IfSG, die der „Bekämpfung“
übertragbarer Krankheiten dienen. Die zuständige Behörde kann gegenüber
Kranken, Krankheitsverdächtigen oder Ansteckungsverdächtigen eine Quarantäne (§
30 IfSG) sowie ein berufliches Tätigkeitsverbot (§ 31 IfSG) anordnen. Außerdem
können entsprechende behördliche Maßnahmen auch aufgrund der Generalklausel des
§ 28 Abs. 1 IfSG vorgenommen werden. Verstöße gegen die behördliche Anordnung
einer Quarantäne oder eines beruflichen Tätigkeitsverbots können nach § 75 Abs.
1 Nr. 1 IfSG strafbar sein.
Der Anspruch auf
Entschädigungszahlungen für Betroffene ergibt sich sodann primär aus § 56 IfSG.
Wichtig: Abhängig vom konkreten Einzelfall können daneben auch
Ersatzansprüche außerhalb des Infektionsschutzgesetzes in Betracht kommen.
Nach § 56 IfSG erhält eine
Entschädigung in Geld, wer als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger,
Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern einem
behördlichen Tätigkeitsverbot oder einer Quarantäne unterliegt oder unterworfen
wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet.
Voraussetzung eines
Entschädigungsanspruchs nach § 56 IfSG ist also zunächst eine rechtmäßige (vor
allem verhältnismäßige) behördliche Anordnung.
Der Wortlaut der Norm zeigt
bereits, dass keine Entschädigung nach § 56 IfSG erfolgt, wenn ein Arbeitnehmer
freiwillig aufgrund eigener Vorsicht dem Arbeitsplatz fernbleibt oder der
Praxis- bzw. Apothekeninhaber seine Praxis freiwillig oder aus anderen Gründen
schließt.
Anspruch auf Entschädigung nach §
56 IfSG haben sowohl Praxis-/Apothekeninhaber als auch das angestellte Personal.
Entschädigungsanspruch für Angestellte
Nach § 56 Abs. 5 IfSG hat bei
einer von der behördlichen Maßnahme betroffenen angestellten Person nicht die
Behörde die Entschädigung in Geld auszuzahlen, sondern der Arbeitgeber. Für
Angestellte wird die Entschädigung dabei für die ersten sechs Wochen in voller
Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Die Entschädigung bemisst sich dabei nach
dem Verdienstausfall, der sich nach dem Arbeitsentgelt (netto) berechnet.
Die den betroffenen Arbeitnehmern
ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen
Behörde erstattet.
Wichtig: Die entsprechenden Anträge des Arbeitgebers müssen innerhalb
von drei Monaten nach dem Ende der angeordneten Quarantäne oder des Verbots der
beruflichen Tätigkeit gestellt werden.
Wird der
entschädigungsberechtigte Angestellte arbeitsunfähig, erkrankt er beispielsweise
während der aufgrund eines Verdachtsfalls angeordneten Quarantäne tatsächlich
an COVID-19, bleibt der Entschädigungsanspruch in der Höhe des Betrages, der
bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit an den Berechtigten auszuzahlen war,
bestehen (§ 56 Abs. 7 IfSG).
Anmerkung: Abgesehen von den genannten Ansprüchen gegen die
zuständige Behörde ist es in vielen Fällen empfehlenswert, zunächst eine
Erstattung der Entgeltfortzahlung für den Zeitraum der quarantänebedingten
Abwesenheit vom Arbeitsplatz im Rahmen des Umlageverfahrens 1 bei der
zuständigen Krankenkasse des Arbeitnehmers zu beantragen.
Entschädigungsanspruch für Selbstständige
Bei Selbstständigen richtet sich –
abgesehen von dem Sonderfall der Existenzgefährdung – die Höhe des
Verdienstausfalls nach dem Einkommenssteuerbescheid. Für Selbstständige gilt
die Besonderheit, dass der Verdienstausfall in diesem Sinne ein Zwölftel des
Arbeitseinkommens nach § 15 SGB IV aus der entschädigungspflichtigen meint. Selbstständige,
deren Praxisbetrieb während der Dauer der behördlichen Maßnahme ruht, erhalten
auf Antrag außerdem zusätzlich die in dieser Zeit weiterlaufenden, nicht
gedeckten Betriebsausgaben erstattet (§ 56 Abs. 4 Satz 2 IfSG).
Unklarheiten wegen aktueller Gesetzesänderungen
Anders als auf vielen ablehnenden
Schreiben der jeweiligen Behörden angegeben, ist nunmehr nach der letzten
Gesetzesänderung des Infektionsschutzgesetzes vom 18.11.2020 gem. § 68 Abs. 1
IfSG für Entschädigungsansprüche nach § 56 IfSG der Verwaltungsrechtsweg
eröffnet. Weil die Übergangsvorschrift des § 77 Abs. 3 IfSG auf die
Vorschriften über das Vorverfahren der VwGO verweist, muss davon ausgegangen
werden, dass abweichend von den vorgelegten Rechtsbehelfsbelehrungen in den
abschließenden Mitteilungen über die Ablehnung der Anträge, ein
Widerspruchsverfahren durchzuführen ist.
Trotz aller Herausforderungen und allem juristischem Durcheinander: Sollten Sie von einer der genannten Maßnahmen betroffen sein, Entschädigungsansprüche geltend machen wollen oder sonstige Fragen rund ums Thema Corona-Pandemie haben, sprechen Sie uns an.
Liebe Mandantinnen und Mandanten, liebe Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner,
2020 – ein besonderes Jahr neigt sich dem Ende zu, das sicher in Erinnerung bleiben wird. Das Jahr hat uns alle vor Herausforderungen gestellt und uns Vieles abverlangt. Dennoch blicken wir auch auf schöne und erfolgreiche Momente zurück.
Bei Ihnen als unseren Mandantinnen und Mandanten, Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartnern bedanken wir uns auch auf diesem Wege für das entgegengebrachte Vertrauen im ausklingenden Jahr. Im kommenden Jahr stehen wir ebenso wieder mit Rat und Tat anwaltlich an Ihrer Seite. Wir blicken optimistisch in die Zukunft!
Für das anstehende Weihnachtsfest wünschen wir Ihnen trotz der gegebenen Einschränkungen einige ruhige Tage im Kreise der Familie und gute Erholung. Zudem wünschen wir einen guten Rutsch in ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2021.
Mit weihnachtlichen Grüßen Ihr Team der kwm rechtsanwälte
Anfang Oktober 2020 haben die ersten Mitarbeiter am neuen kwm-Standort in Leipzig mit der Arbeit für unsere Mandanten begonnen.
Das Team freut sich, direkt vor Ort die Akteure im Gesundheitswesen auf ihrem (juristischen) Weg kompetent und mit durchdachten Lösungen unterstützen zu dürfen.
Sie finden uns in der
Querstraße 16 04103 Leipzig Telefon + 49 341 6967780
Wir freuen uns über diesen Schritt und die Beratung für unsere Mandantinnen und Mandanten vor Ort und wünschen den Kollegen am neuen Leipziger Standort für den Start alles Gute!
Das Thema der Einbindung weitere Ärzte in die Arztpraxis ist ein regelmäßiges in der anwaltlichen Beratung.
Mit Blick auf häufig angeordnete Zulassungssperren kann nicht ohne Weiteres ein zusätzlicher Versorgungsauftrag eingebunden werden. Die Variante des Jobsharing wiederum ist i. d. R. mit dem Nachteil einer Leistungsbegrenzung in Bezug auf das Budget verbunden. Auch die denkbare Teilung der eigenen Zulassung (2 x 0,5) hat seine Vor- und Nachteile und muss abgewogen werden.
Eine erste, auch zeitnah zu installierende, Zwischenlösung kann in der Einbindung des weiteren Arztes als Entlastungs- oder Sicherstellungsassistent liegen.
1.
Sicherstellungsassistent (bzw. Entlastungsassistent ist ein Arzt, der über die Facharztanerkennung verfügt und im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses bei einem Vertragsarzt tätig wird. Er kann beschäftigt werden, wenn der Vertragsarzt vorübergehend gehindert ist, seinen vertragsärztlichen Pflichten in vollem Umfang nachzukommen. Ein Grund für die Hinderung kann z.B. bei pflegebedürftigen Eltern oder der Erziehung eigener Kinder bestehen. Auch kommt in vielen KV-Bereichen ein Sicherstellungsassistent zur Vertragsanbahnung bei beabsichtigter Kooperation zum Kennenlernen des Praxisbetriebes (sog. Schnupperassistent) in Betracht. Rechtsgrundlage ist § 32 Abs. 2 -4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV).
2.
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte sich mit Urteil vom 28.10.2020 (L 3 KA 31/20) nun mit der Frage zu beschäftigen, ob Vertragsärzte einen Vertreter oder einen Assistenten während der Erziehung von Kindern beschäftigen dürfen, die das 14. Lebensjahr bereits vollendet haben und im Volksmund als „Jugendliche“ gelten.
Die KV war der Meinung, dass der Begriff des „Kindes“ in § 32 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) in Anlehnung an die Definition in § 1 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) zur Abgrenzung vom „Jugendlichen“ nur Personen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres zu verstehen sei. Da das Kind vorliegend bei Antragstellung bereits 15 Jahre alt gewesen sei, sei es demnach inzwischen als Jugendlicher anzusehen.
3.
Dem folgten auf die Klage der Ärztin weder das Sozial- noch das Landessozialgericht. Zum einen enthielte die Vorschrift Ärzte-ZV eine ausdrückliche Altersbegrenzung nicht. Zum anderen ergebe auch eine jur. Auslegung der Begrifflichkeit „Kind“ nichts Anderes. Primär sei auf die Erziehung des Kindes abzustellen. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch haben die Eltern die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (Personensorge). Die Personensorge umfasst insbesondere die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Minderjährig ist das Kind bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs, weil mit diesem Zeitpunkt gem. § 2 BGB die Volljährigkeit eintritt. Bis zu diesem Zeitpunkt sind das Recht und die Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu erziehen, gemäß Art 6 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz verfassungsrechtlich geschützt.
Die Möglichkeit, einen Assistenten wegen der Erziehung von Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres anzustellen, widerspricht auch nicht dem Grundsatz, dass die Beschäftigung von Vertretern und Assistenten nur zur Behebung eines vorübergehenden Entlastungsbedarfs möglich ist. Denn wie die Klägerin zutreffend ausgeführt hat, wird diesem Grundsatz bereits dadurch Rechnung getragen, dass die Beschäftigung von Vertretern und Assistenten gemäß § 32 Abs. 2 S 2 Nr. 2 Ärzte-ZV (grundsätzlich) auf den Zeitraum von max. 36 Monaten begrenzt ist und zwar, jedenfalls nach Meinung des Gerichts, unabhängig von der Zahl der Kinder.
Das Gericht hat die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.
Nach wie vor verunsichert die Corona-Krise die Wirtschaft. Auf der Hand liegen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise: Viele Patienten sind – gerade angesichts der zuletzt wieder enorm gestiegenen Infektionszahlen – nach wie vor zurückhaltend im Hinblick auf die Terminvereinbarung in Zahnarztpraxen, was zu Umsatzeinbußen führt. Unklarheiten bestehen aber nicht nur bei der künftigen Einnahmensituation, sondern vielfach auch praxisintern. Auffällig gehäuft haben sich in den vergangenen Monaten Anfragen zum Thema Freistellung: Wann darf, wann muss ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer in Corona-Zeiten freistellen? Ein Überblick:
1. Grundprinzipien der Freistellung
Ein wesentlicher Eckpfeiler des
Arbeitsrechts besteht in dem Prinzip „Ohne Arbeit kein Geld“. Der Lohnanspruch eines
Arbeitnehmers ist hiernach jedenfalls im Ansatz davon abhängig, ob er für sein
Geld auch gearbeitet hat. Aus diesem Grund hat der Arbeitnehmer aber auch
seinerseits ein berechtigtes Interesse daran, dass ihm Arbeit zugewiesen wird.
Es gibt deshalb nicht nur eine arbeitsvertragliche Pflicht zur Arbeitsleistung,
sondern kehrseitig auch ein Recht auf Arbeit. Dieser Beschäftigungsanspruch bringt
es mit sich, dass ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer nicht willkürlich nach
Hause schicken kann. Eine solche Freistellung von der Arbeitsleistung ist
vorbehaltlich besonderer Absprachen im Arbeitsvertrag nur in
Ausnahmesituationen zulässig, weil ansonsten das Recht des Arbeitnehmers auf
Arbeit beschnitten würde.
Die Beantwortung der Frage, ob eine Freistellung im Einzelfall arbeitsrechtlich vertretbar ist oder nicht, gibt überdies nicht Aufschluss darüber, ob für die Dauer der Freistellung auch das Gehalt zu zahlen ist. Wenn es weder eine gesetzliche noch eine vertragliche Grundlage für die Anordnung einer unbezahlten Freistellung durch den Arbeitgeber gibt, kommt allenfalls eine bezahlte Freistellung in Betracht. Da Befugnisse zur Anordnung einer unbezahlten Freistellung rar gesät sind, erfolgen Freistellungen in den allermeisten Fällen unter Fortzahlung der Vergütung. Hierbei handelt es sich um eine Durchbrechung des Prinzips „Ohne Arbeit kein Geld“, die dadurch zu rechtfertigen ist, dass der Arbeitgeber selbst sich durch die Freistellung der arbeitnehmerseitig angebotenen Arbeitskraft beraubt. Technisch ist insoweit vom Annahmeverzug des Arbeitgebers die Rede.
2. Rechtslage in der Corona-Pandemie
An diesen allgemeinen Maßstäben
sind auch die Entscheidungen über die Freistellung von Mitarbeiterin in der
Corona-Pandemie zu treffen.
Eine wichtige Erkenntnis an dieser
Stelle ist, dass eine unbezahlte Freistellung in nahezu allen Fällen
ausscheiden wird. Die Frage, ob ein Praxisinhaber einen Arbeitnehmer
freistellen kann oder nicht, geht nicht akzessorisch damit einher, ob er dem
Mitarbeiter das Gehalt weiterzahlen muss oder nicht. Auch bei berechtigten
Freistellungen kann der Arbeitnehmer regelmäßig die Zahlung des auf den
Freistellungszeitraum entfallenden Gehalts von seinem Arbeitgeber verlangen.
Die Unterscheidung, ob eine Freistellung rechtmäßig oder rechtswidrig erfolgt,
ist aber dennoch von Bedeutung: Bei einer unberechtigten Freistellung können
nämlich über die Vergütungspflicht hinaus weitere Schadensersatzansprüche des
Arbeitnehmers entstehen. Außerdem kann die unberechtigte Freistellung einen
fristlosen Kündigungsgrund für den Arbeitnehmer und damit das Risiko eines
schnellen Arbeitnehmerverlusts für den Arbeitgeber begründen.
Unter welchen Voraussetzungen aber
darf der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter nun freistellen?
In dieser Hinsicht gibt es leider
keine pauschalen Maßstäbe. Vielmehr muss der Arbeitgeber abwägen, ob im
konkreten Einzelfall ausnahmsweise besondere schutzwürdige Interessen
vorliegen, die den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers überwiegen. Ein
Umstand, der die Freistellung einzelner Mitarbeiter in Corona-Zeiten
rechtfertigen kann, ist die Pflicht des Praxisinhabers, für den Schutz der
weiteren in seiner Praxis beschäftigten Mitarbeiter zu sorgen. Diese können von
ihm verlangen, die nötigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um sie vor einer Gefährdung
ihrer Gesundheit zu bewahren. Wenn ein Kollege eine mutmaßliche Gefahrenquelle
darstellt, kann das unter Umständen auch so weit gehen, dass ein Arbeitgeber
einen diesen Angestellten aus Rücksicht auf seine anderen Mitarbeiter
freistellen muss.
Ob diese Entscheidung getroffen werden muss, hängt hierbei von den Details des Einzelfalls ab: Allein die Tatsache, dass ein symptomloser Arbeitnehmer am Wochenende einen Bekannten in einem Corona-Risikogebiet besucht hat, wird die Freistellung kaum rechtfertigen. Das gilt besonders angesichts der Tatsache, dass selbst die Karte der innerdeutschen Risikogebiete sich mittlerweile tiefrot färbt. Anders kann die Lage sein, wenn ein Arbeitnehmer das Wochenende mit einem nachweislich mit dem Corona-Virus infizierten Bekannten verbracht hat und bei der Arbeit über typische Symptome Husten und Geschmacksverlust klagt. Die Freistellungsentscheidung des Praxisinhabers sollte in jedem Fall auf einer sorgfältigen Abwägung der widerstreitenden Interessen beruhen.
RA Björn Papendorf, LL.M. & RA Dr. Maximilian Koddebusch
Auch so manche Arzt- und Zahnarztpraxis hat im März/April dieses Jahres sog. Corona-Hilfen beantragt.
Seinerzeit herrschte große Unsicherheit. Der Absicht des Gesetzgebers, schnell zu helfen, stand die Wahrscheinlichkeit, dass die Praxis in ihrer Existenz durch mögliche Einnahmeausfälle bedroht war und es in Folge dessen kurzfristig zu einem Liquiditätsengpass kommen würde, gegenüber.
In Rekordtempo erhielten Antragssteller – auch ohne weitere Nachweise – fünftstellige Beträge von Seiten der jeweiligen Landesbank.
Wie sieht es heute aus?
Häufig haben sich die negativen Erwartungen, glücklicherweise, nicht erfüllt.
In diesen Fällen ist spätestens jetzt Handlungsbedarf entstanden.
So (fahrlässig) lax die seinerzeitigen Anforderungen an den Erhalt der Corona-Hilfen auch waren und so wenig Vorbehalte die Antragsunterlagen auch enthielten: Auf eine Art Vertrauensschutz oder Vergleichbares kann der Antragsteller sich in der Regel nicht berufen.
Es gilt der § 3 des „Gesetz gegen mißbräuchliche Inanspruchnahme von Subventionen“ (Subventionsgesetz – SubvG), dort heißt es unter
„Offenbarungspflicht bei der Inanspruchnahme von Subventionen“:
(1) Der Subventionsnehmer ist verpflichtet, dem Subventionsgeber unverzüglich alle Tatsachen mitzuteilen, die der Bewilligung, Gewährung, Weitergewährung, Inanspruchnahme oder dem Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils entgegenstehen oder für die Rückforderung der Subvention oder des Subventionsvorteils erheblich sind. Besonders bestehende Pflichten zur Offenbarung bleiben unberührt. (2) Wer einen Gegenstand oder eine Geldleistung, deren Verwendung durch Gesetz oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwenden will, hat dies rechtzeitig vorher dem Subventionsgeber anzuzeigen.
Was kann passieren?
Kurzarbeitergeld, Rettungsschirm der KV und diesbezügliche Berechnungsverfahren, Corona-Hilfen, Steuererklärung, stichprobenartige Betriebsprüfungen, Schreiben der Banken, etc.: All diese und andere Punkte beziehen sich auf das (Geschäfts)Jahr 2020.
Mithin ist oder wird eine Transparenz entstehen, die Betroffene schon jetzt zum Handeln auffordert.
Nicht nur, dass z.B. in den Schutzschirm-Vorschriften des HVM der jeweiligen KV regelmäßig eine Anrechnung anderer Hilfen vorgeschrieben wird und daher im Saldo eine Verrechnung mit den Corona-Hilfen vorgenommen würde.
Es kann auch strafrechtlich ein Problem entstehen. Das unbeeindruckte Einbehalten der Beträge, aber auch eine schlichte Erstattung an die Landesbank können im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens als Subventionsbetrug (§ 264 StGB) verfolgt werden. Ein solcher Betrug kann auch dann vorliegen, wenn der Arzt/Zahnarzt grob fahrlässig gehandelt hat, nicht nur bei Vorsatz.
Was ist zu tun?
Es macht Sinn, den individuellen Sachverhalt aufzubereiten und zu entscheiden, ob und mit welcher Begründung eine Rückzahlung erfolgt. Zu empfehlen ist zudem, eine belastbare Entscheidung im Jahr 2020 zu treffen, denn für den Fall einer Rückzahlung käme es im Geschäftsjahr zu einem steuerlich unauffälligen „Nullsummenspiel“. Nicht zuletzt ist das Zusammenspiel mit anderen Zahlungen (KV-Rettungsschirm o.Ä.) im Auge zu behalten.
Nach einer Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt hat das Gericht am 19.11.2020 entschieden, dass ein Ärztebewertungsportal bei einem begründeten Verdacht von „gekauften Bewertungen“ das Arztprofil mit einem Warnhinweis kennzeichnen darf.
Die Grundsätze der sog. Verdachtsberichterstattung gelten auch hier, so das Oberlandesgericht.
Der Antragsteller ist Zahnarzt. Die Antragsgegnerin betreibt ein Arztsuche- und -bewertungsportal. Sie informierte den Antragsteller darüber, dass ihren Feststellungen nach auf seinem Profil „gefälschte positive Bewertungen“ veröffentlicht worden seien. Sollte er dies nicht aufklären können, kündigte sie an, die Nutzer per Warnhinweis über das Vorliegen gekaufter Bewertungen zu informieren. Nach anschließender Korrespondenz veröffentlichte die Antragsgegnerin einen Warnhinweis auf dessen Profil. Auszugsweise heißt es dort: Bei einzelnen Bewertungen auf diesem Profil haben wir Auffälligkeiten festgestellt, die uns veranlassen an deren Authentizität zu zweifeln. Wir haben den Profilinhaber mit dem Sachverhalt konfrontiert. Hierdurch ließ sich die Angelegenheit bisher nicht aufklären. Der Profilinhaber bestreitet für die Manipulation selbst verantwortlich zu sein. Dieser Hinweis erscheint, wenn man mit der Maus auf die Gesamtnote im Profil des Antragstellers fährt. An der linken oberen Ecke der Gesamtnote befindet sich ein kleines rot unterlegtes Ausrufezeichen. Der Antragsteller begehrt im Eilverfahren von der Antragsgegnerin, die Kennzeichnung seines Profils mit einem Warnzeichen und das Einblenden des Hinweistextes zu unter lassen. Das Landgericht hatte den Antrag zurückgewiesen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte auch vor dem OLG Frankfurt keinen Erfolg.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts greift der Warnhinweis zwar in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Gewerbebetriebs ein. Dies sei jedoch nicht rechtswidrig. Der Antragsteller moniere zu Unrecht, dass die Antragsgegnerin ihn „als Lügner und Betrüger“ darstelle. Dem Warnhinweis sei vielmehr klar zu entnehmen, dass es sich um einen bloßen Verdacht handele und der Antragsteller die Vorwürfe bestreite. An keiner Stelle werde der Eindruck erweckt, der Arzt selbst sei für die Bewertungen verantwortlich. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin sei deshalb nach den Grundsätzen über die sog. Verdachtsberichterstattung gedeckt. Diese Grundsätze seien auf die Antragsgegnerin, die mit dem Bewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion ausübe, anwendbar. Die Antragsgegnerin berufe sich hier zu Recht auf einen „Mindestbestand an Beweistatsachen für das Vorliegen gekaufter/manipulierter Bewertungen im Profil“ des Antragstellers. Das Oberlandesgericht verweist auf die landgerichtlichen Feststellungen, wonach die Antragsgegnerin anhand von E-Mails und IP-Adressen herausgefunden habe, dass Bewerter für Bewertungsanbieter tätig waren und diese Bewerter ebenfalls das Ärzte-Profil des Klägers bewertet haben sollen.
Dass diese Nutzer gekaufte Bewertungen abgaben, hätten andere, von diesen Nutzern bewertete Ärzte eingeräumt. Der Verdacht falle dabei grundsätzlich auf den Antragsteller als Profilinhaber. Dieser müsse die Vorwürfe ausräumen bzw. an der Aufklärung mitwirken. Dem sei der Antragsteller hier nicht hinreichend nachgekommen. Ohne Erfolg berufe sich der Antragsteller auf angebliche Erpressungsversuche. Sein Vorbringen, er habe Schreiben von Erpressern erhalten, die mit dem Zusenden positiver Bewertungen an die Antragsgegnerin gedroht hätten, wenn er nicht 500 Euro zahle, sei widersprüchlich und nicht plausibel. So sei es etwa nicht verständlich, warum die Erpresser nicht unmittelbar mit negativen Bewertungen gedroht hätten.
Der Warnhinweis sei auch in seiner Gestaltung nicht zu beanstanden. Insbesondere enthalte er keine Vorverurteilung. Schließlich bestehe ein öffentliches Interesse an dem Warnhinweis. Dies sei bereits beim Verdacht einer Manipulation anzunehmen.
Für Haut-, Augen- und HausärztInnen sind erneut freie
Zulassungen auf dem Markt.
Mit Beschluss vom 28.10.20 hob der Landesausschuss in
Berlin „partiell“ die entsprechenden Zulassungsbeschränkungen auf. Dabei werden
innerhalb Berlins die Zulassungen für HausärztInnen erstmalig auf drei
getrennte Planungsbereiche verteilt.
Wer sich bis wann für welchen Standort bewerben kann,
schlüsseln wir nachfolgend in Kürze auf. Für sämtliche Verfahren gilt natürlich
immer, dass das Zulassungsgremium – auch unter Berücksichtigung des Standortes
– eine „Bestenauslese“ anhand der gesetzlichen Kriterien (z.B. Dauer der
Facharzttätigkeit) durchzuführen hat.
1. HautärztInnen
Bei den HautärztInnen bleibt Berlin ein Planungsbereich.
Neu vergeben wird dabei ein einziger voller Sitz. Theoretisch kann damit
jede(r) Niederlassungs- bzw. Expansionswillige(r) mit (künftigem) Standort in
Berlin im Kampf um diesen Sitz in den Ring steigen. In dem Beschluss wird
jedoch ausdrücklich betont, dass Bewerbungen für Standorte in solchen Bezirken
bevorzugt werden sollen, welche einen Versorgungsgrad von unter 90% aufweisen.
Das trifft (Stand LoI v. 01.10.20) auf folgende Bezirke zu:
Bei den AugenärztInnen bleibt Berlin ebenfalls ein
Planungsbereich. Insoweit gilt also das zu den HautärztInnen Gesagte
entsprechend. Es werden dabei doppelt so viele Zulassungen wie bei den
HautärztInnen frei vergeben, nämlich zwei volle Sitze. Auch hier gilt der
Hinweis, dass besonders schlecht versorgte Bezirke bevorzugt werden sollen
(Stand LoI v. 01.10.20):
Lichtenberg (88,2%), Treptow-Köpenick (86,2%).
2. HausärztInnen
Aufgrund des neuerdings planungsrechtlich hausärztlich
geteilten Berlins sollte man etwas genauer hinschauen. Für einzelne
Planungsbereiche (und nur für diese Bereiche) werden insgesamt 131 neue
Zulassungen vergeben.
a. Lichtenberg,
Marzahn-Hellersdorf (Planungsbereich
II)
Am Ende des Verfahrens werden beide Bezirke um
insgesamt 79,5 Niederlassungen reicher sein. Wer sich in diesen Bezirken um
eine Zulassung bewerben möchte, sollte also auf die Kennziffer für den
Planungsbereich II achten.
b. Planungsbereich
III (Treptow-Köpernick)
Hier werden 51,5 neue Niederlassungsmöglichkeiten für
HausärztInnen vergeben. Entsprechend gilt für eine Bewerbung mit Standort in
dem südöstlichen Bezirks Berlin die richtige Kennziffer anzugeben.
Das restliche Berlin (Planungsbereich I) erhält
hingegen keine neuen Niederlassungsmöglichkeiten für HausärztInnen.
3. Fristen und
Entscheidung
Seit dem 01.11.20 bis zum 14.12.20 können die
entsprechenden und vollständigen (!) Anträge auf Zulassung,
Anstellungsgenehmigung etc. in den o.b. Verfahren bei der Geschäftsstelle des
Zulassungsausschusses in Berlin eingereicht werden. Ab sofort heißt es also, so
schnell wie möglich die Voraussetzungen für eine möglichst hohe Erfolgschance
bereits jetzt zu schaffen und rechtzeitig sowie umfassend einzureichen.
Eine Entscheidung des Zulassungsausschusses wird
dabei bis März 2021 in Aussicht gestellt.
Hier stehen wir Ihnen selbstverständlich gern
unterstützend zur Seite.